Samstag, 1. September 2012

Zum Ahmadinedschad-Interview des ZDF März 2012

Claus Kleber (ZDF) hätte Herrn Ahmadinedschad fragen sollen, warum der an Öl, Gas, Wind, Wasser und Sonne so reiche Iran überhaupt auf Atomenergie setzt und unnötig seine außenpolitischen Gegner stresst. Wie hoch ist der Preis dieser radioaktiven Politik für den Iran und für die Welt? Und lohnt das rational?

Alle anderen Fragen konnten nur zur Antwort haben, dass sich der Iran nicht verbieten lassen möchte, was sich andere Staaten erlauben.

Wenn Kleber meint, dass Israel nicht zur Transparenz verpflichtet sei, weil Nichtunterzeichner des Atomwaffensperrvertrags, dann hat er recht, wenngleich auch nur aus Perspektive dieses Vertrages, aber als Nichtunterzeichner und Atommacht ist Israel schon gar nicht berechtigt, dem Iran das vermeintliche Streben nach Atomwaffen zu verbieten oder sogar einen präventiven Krieg führen zu dürfen. Und das gegen ein Land, das immerhin das Streben nach Atomwaffen bestreitet und darin den US-Geheimdiensten glaubwürdig ist.

Als der iranische Präsident dozierte, dass es in Deutschland keine Volksabstimmungen zur Iranpolitik gibt, hätte gefragt werden können, wie er sich das Ergebnis eines iranischen Referendums zum Atomprogramm oder anderer Energieproduktion vorstelle, zumal solche Abwägung im gesamten Streit offenbar weder wirtschaftlich noch demokratisch stattfindet.

Gleichwohl: Die Kritik an Claus Kleber und dem ZDF, mit dem Interview einer Diktatur genutzt zu haben, ist Stuss derer, die auch schon mit Saddam Hussein keinen Dialog wollten, auf Unterstellungen beharrten, um dann zu behaupten, die Diplomatie sei gescheitert - und eine Nation ins Chaos bombten. Das darf sich nicht wiederholen.

Markus Rabanus >> Diskussion

Dienstag, 5. Juni 2012

SPD und GRÜNE im Vergleich zum Iran-Friedensplan

Auf das Rundschreiben an die Parteien hat bislang einzig die SPD geantwortet.

Sehr geehrter Herr Markus Rabanus,
vielen Dank für Ihre E-Mail, die uns am 12.04.2012 erreicht hat.
Die SPD teilt voll und ganz Ihre Meinung: der Iran braucht keine Atomkraft und wir keine weitere Atomnation.
Freundliche Grüße
Tessa Mollenhauer-Koch
SPD-Parteivorstand
Direktkommunikation

Erfreulich ist die im Ziel zustimmende Antwort - erst dann so recht, wenn es auch in die öffentliche Iran-Politik der SPD einfließt und die Regierungen erreicht, Ahmadinedschad in Erklärungsnot bzw. zum Einlenken bringt.

Indes dokumentiert sich bei den GRÜNEN grünes Umdenken zum Iran-Konflikt. Noch im Beschluss v. 28.April 2012 unter dem Titel "Konflikt um das iranische Atomprogramm ohne militärische Gewalt lösen!" wurde zwar "konstruktive" Verhandlungsweise gefordert, aber es fand sich konkret nichts in Richtung einer energiepolitischen Alternative zum iranischen Atomprogramm.
So überrascht positiv, dass die MdB Hans-Josef Fell und Omid Nouripour unter dem Titel "Solarprogramm für den Iran - Mit Erneuerbaren Energien die iranische Atombombe verhindern?" ein Positionspapier mit Datum 21.05.2012 vorlegten, in dem es u.a. heißt: "Diplomatie sollte immer alle möglichen friedlichen Mittel in Spiel bringen, wozu auch ein Angebot an den Iran zur Nutzung der erneuerbaren Energien gehört."
Zum Positionspapier >> PDF-Link
Nebst Brief an Außenminister Westerwelle >> PDF-Link

Sonntag, 29. April 2012

Israels Armeechef widerspricht Netanjahu in Sachen Iran

Die israelische Tageszeitung Haaretz berichtete am 25.04.12, dass Israels oberster Militär General Benny Gantz zuversichtlich ist, die iranische Führung werde ausreichend rational auf den internationalen Druck reagieren und weiterhin auf die Atomwaffenentwicklung verzichten. Mit dieser Einschätzung widerspricht er den Äußerungen des Ministerpräsidenten Netanjahu, wonach der Iran selbst auf die Gefahr eines vernichtenden Gegenschlags hin zu Atomwaffen greifen werde.

Donnerstag, 12. April 2012

Wirkungsanalyse: Iran stoppt Öl-Lieferungen in die EU

In Reaktion auf Wirtschaftssanktionen im Zusammenhang mit dem Streit um das iranische Atomprogramm, hat die iranische Regierung seit dem 11.März 2012 jetzt auch die Öl-Lieferungen nach Deutschland untersagt. Der Iran exportierte bislang 13 Prozent seiner Erdöl-Ausfuhren in die EU. Stärker betroffen ist beispielsweise Griechenland, während Deutschlands Erdöl-Importe aus dem Iran nur 1% betrugen. Da der Iran die Boykottmengen durch Exportvergrößerung in Richtung Asien kompensieren möchte, dies aber nur durch Niedrigpreise erreichen kann, wodurch andere Öl-Förderländer unter Preisdruck geraten. Die Boykottbeschlüsse verknappen das Erdöl auf dem Weltmarkt nicht, weshalb sich damit kein Preisanstieg rechtfertigen lässt.
Teuer für die EU und teuer für den Iran werden die Sanktionen erst, wenn sich ihnen weitere Staaten anschließen. Was damit politisch gewonnen werden kann, ist offen.

Besser wäre eine Politik des Dialogs, dem Iran beispielsweise als Alternative zu Atomkraftwerken moderne Erdgas-, Wind- und Solar-Kraftwerke anzubieten und über eine atomwaffenfreie Zone inklusive Israel zu verhandeln.

Dienstag, 6. März 2012

SPIEGEL-Titel mit etwas Kriegshetze gegen den Iran

"Krieg um die Bombe?", titelt der SPIEGEL, als sei der Vorwurf geheimer Atomwaffenplanung nicht eben erst vom CIA widerlegt. Das findet sich dann irgendwo im Artikel, aber die Titelaufmachung fotomontiert einfach mal so den iranischen Präsidenten als irren Messias aus einem Atompilz strahlend. Das firmiert dann als "Pressefreiheit"? - Und so einfach: Nur das kleine "k" gegen das kleine "n" austauschend, Iran statt Irak. Die Frage, ob der Iran tatächlich nach Atomwaffen strebt, verheißt weniger Auflage? Schade. Denn da fänden sich die Ansätze zu vernünftiger Politik.

Markus Rabanus >> Diskussion

Sonntag, 26. Februar 2012

CIA: "Keine Beweise für iranisches Atomwaffenprogramm"

Unter Berufung auf die NewYorkTimes wird berichtet, dass die CIA nicht davon ausgeht, der Iran betreibe ein geheimes Atomwaffenprogramm, sondern habe im Jahr 2003 eingestellt. Gleichwohl werden z.B. ARD-Tagesschau und ZDF-Heute nicht müde, mindestens wöchentlich in die Wohnzimmer zu bringen: "Nach Auffassung westlicher Regierungen strebt der Iran nach Atomwaffen."

Zur Relevanz der Behauptungen:

Jeder kann jedem mühelos jegliches "Streben" unterstellen, wie auch die iranische Führung solch "Streben" mühelos bestreiten kann und dennoch z.B. mit der Urananreicherung und dem Bau weitreichender Trägerraketen für eine Atombewaffnung Voraussetzungen schafft. Auf diese Weise vergiftet sich das diplomatische Klima.
Völkerrechtlich ist der Iran zur Transparenz seines nuklearen Betriebs verpflichtet, muss also die IAEO jeden Winkel inspizieren lassen.
Völkerrechtlich darf der Iran sein Atomprogramm nur im Einvernehmen mit dem Weltsicherheitsrat fortführen, denn der Frieden ist wichtiger als es die Gigawatts aus Atomkraftwerken sein könnten - und allemal auch für den an Energieressourcen reichen Iran, wäre da nicht die Gier auch von Mullahs nach radioaktivem Prestige, auf welches die Atommächte allerdings schon seit Jahrzehnten rechtswidrig bestehen und in die Waagschale gegen den Gleichheitsanspruch werfen - anstatt es in solchen Konflikten zur Disposition zu stellen und auf die atomwaffenfreie Welt hinzuwirken.

Doch solch Unrecht der Atomsupermächte berechtigt den Iran nicht zu Unrecht seinerseits, sondern verpflichtet ihn wie jeden sogar viel mehr zur Sachlichkeit, zur Transparenz, zum Abbau von Spannungen, zum Verzicht auf Hetze, denn Hetze und Diplomatie sind Gegensätze und treiben exakt dorthin, wo der Iran angeblich nicht hin will: In den Krieg.

Markus Rabanus

Montag, 23. Januar 2012

EU verhängt Embargo gegen Iran

Die EU verordnete sich ein Embargo gegen Energie- und Technologiegeschäfte mit dem Iran, um etwaige Atomwaffenbestrebungen des Teheraner Regimes zu bestrafen. Ab 1.Juli 2012 sollen die EU-Erdölimporte aus dem Iran von gegenwärtig ca. 6 Prozent unterbleiben. Einzelne EU-Staaten sind indes deutlich stärker betroffen, insbesondere Griechenland (25%), dem der Iran Zahlungsrückstände stundet. - Russland kritisierte das Embargo als kontraproduktiv. Wichtiger wird in diesem Fall sein, wie China als vermutlich größter Öl-Kunde des Iran reagiert.

Dienstag, 3. Januar 2012

Israel fordert falsche Konsequenz gegen Holocaustleugner Ahmadinedschad

Israels Botschafter Shlomo Avineri in Berlin fordert in seinem aktuellen Newsletter die deutsche und europäische Politik dazu auf, den iranischen Präsidenten Ahmadinedschad wegen dessen Holocaustleugnung zur persona non grata zu erklären. - Solch Schritt kann zwar verdeutlichen, dass die Kombination aus Holocaustleugnung und Israelanfeindung jedes iranische Atomprogramm erst recht unerträglich macht, aber käme dennoch einem Abbruch diplomatischer Beziehungen gleich, der ein Grundfehler des internationalen Konfliktmanagements ist und auch aus Artikel 41 der UN-Charta gestrichen gehört.

Gegenwärtig steuern Iran und Israel auf einen militärischen Konflikt zu, der im Gegenteil durch intensivierte Diplomatie vermieden werden muss. Daran lassen es beide Seiten vollends fehlen, verlangen Rückhalt in ihren Bündnissen, ereifern sich an den gegenseitigen Unverschämtheiten, um die eigenen zu rechtfertigen.

Die Holocaustleugnung des iranischen Präsidenten zeugt von der Dimension des Problems, mit dem uns der heutige Iran konfrontiert, denn Leugnung setzt besseres Wissen voraus, demonstriert und riskiert den Zivilisationsbruch mittels möglichst spektakulärer Lüge. Genau nach diesem Schema ging Ahmadinedschad vor, als er die auch im Westen umstrittenen Mohammed-Karikaturen zum Anlass für seinen "Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb" nahm, als er zum "Holocaust-Kongress" einlud usw.
Solch Trommelfeuer an gewollter Provokation konnte er sich nur deshalb leisten, weil die alten und neuen Industriestaaten nicht auf iranisches Öl verzichten mögen und ein Großteil der arabischen Welt mit jeglichem Affront gegen Israel sympathisiert, zumal Israel keine arabische Idee war und mit Netanjahu weiterhin keinen Weg zum Frieden finden wird. Überhaupt kann sich die Diktatur im Iran nur halten, wenn sie ihr eigenes Unvermögen auf die angeblichen "Feinde des Islam" projiziert, was schon deshalb kaum scheitert, weil es in Reaktion auf dieses Regime an Feinden nicht mangeln kann, von denen dann leider auch viele so dämlich sind, tatsächliche Islamfeinde zu sein.

An all diesen Bedingungen änderte sich für den Holocaustleugner Ahmadinedschad in den vielen Jahren seither nichts und wird sich auch nichts ändern, wenn er diplomatisch gebannt würde, denn wie jeder Faschist versteht sich auch der religiöse Extremist auf die Masche, die eigene Unbeliebtheit als Beweis für den Märtyrer-Status zu verkaufen. Was aber dann, denn ändern muss es sich.

So groß die Gegenwartsprobleme und erst recht die Zukunftsaufgaben sind, so nachwirkend immer auch die Geschichte und nicht selten mit falschen Schlussfolgerungen, denn sofern in dieser Weltregion die "Europäische Aufklärung" nach Kreuzzügen, Kolonialismus und Holocaust überhaupt noch gefragt sein sollte, dürfte friedensstiftende Aufklärungsarbeit einfach schon daran scheitern, dass die Konfliktparteien ohnehin wissen, was sie falsch machen.

Positive Beeinflussung kann deshalb nur über die Vereinten Nationen gelingen, die notfalls auch militärisch dafür zu sorgen haben, dass sich zumindest militärisch niemand über die eigenen völkerrechtlich anerkannten Grenzen hinauswagt.
Aber die Vereinten Nationen zeigen sich zu unvereint, als dass sie Konfliktparteien tatsächlich in die Grenzen weisen könnten, denn noch immer spielen sich Großmächte als "Weltmächte" auf und konkurrieren gegeneinander mit Hochrüstung und unlauterer Bündnispolitik insbesondere dort, wo die Konflikte schwelen - und die kleineren Mächte suchen hinter den Großmächten den Windschatten anstatt diplomatisch zu korrigieren, obwohl die Geschichte längst gelehrt haben sollte: Weltmacht darf nur die UNO sein, die an ein Völkerrecht gebunden auch dem Schwächsten gegenüber dem Stärksten zum Recht verhelfen muss, also mittels höchstem Gericht und erforderlichenfalls auch militärisch, was den Oberbefehl über alle kriegsentscheidenden Militärressourcen voraussetzt. - Die nach pazifistischer Auffassung den Nationen verbleibenden Polizeikräfte zur erforderlichen Gewährleistung der inneren Ordnung sind schon problematisch genug, wenn sie wie im Iran ein Unrechtsregime stützen, aber sie wären weniger internationale Gefahr und weltrechlich auch leichter zu überwinden bzw. auf vernünftigeren Kurs zu zwingen.

Der Vorwurf lautet deshalb, wie schon vor und nach allen bisherigen Kriegen: Wieder wurden viele Jahre vertan, die Vereinten Nationen zum Garanten gegen die militärische Selbstjustiz ihrer Mitgliedsstaaten zu machen.

Markus Rabanus >> Pazifismus